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LEIPZIGER BUCHMESSE 2017

  • NHW
  • 12. Apr. 2017
  • 2 Min. Lesezeit

POLITIK UND KAWAII – LEIPZIGER BUCHMESSE 2017

Dem Zeitgeist entkommt man auf der Leipziger Buchmesse genauso wenig wie auf einer Fashion Week. Jedes Frühjahr versuche ich Teil vom Geist der Zeit zu sein, um zwischen Neuerscheinungen und den Schönsten Büchern der Welt, zwischen Sachbüchern und Buchkunst, in den Lesungen und Statements gescheiter Menschen etwas vom Zeitgeschehen und seinem inspirierenden Potenzial zu tanken. Ich war einer von mehr als einer viertel Million interessierter Menschen – eine sinnliche und physische Herausforderung.

Der akute Wandel unserer Welt ist omnipräsent zwischen der Erforschung des Epochenjahrs 1917 (Russische Revolution bis De Stijl) und den drängenden globalen Problemen (How Soon is Now? ­– Wie lange wollen wir noch warten). Ich nehme Buchtitel und ihre Grafiken als Mindmapping wahr, sie summieren sich in meinem Kopf zu einem Gedicht über das Jetzt.

Einer der Höhepunkte der Buchmesse ist für mich die Präsentation der Schönsten Bücher der Welt. Ganz unprätentiös stehen diese wunderbaren Bücher in offenen Regalen, frontal nach Herkunftsländern (von Austria bis Venezuela) geordnet, die prämierten herausgehoben davor. Mit einiger Ausdauer kann man jedes Buch in die Hand nehmen, fühlen, ansehen, hineinlesen (ja nach Sprachbegabung) – und von dieser Möglichkeit wird reger Gebrauch gemacht. Menschen neben mir äußern ihr Erstaunen, Bewunderung, Begeisterung, Neugier, manchmal auch ihr Befremden. Mit der zunehmenden Präsenz des Digitalen sind Bücher hier wieder ausdrucksstärker: expressive Haptik des Papiers, ungewöhnliche Bindungen, metallische Prägungen, aufwändige Grafik oder Umschläge.

Manchmal steht beim Finden und Lesen plötzlich ein Fabelwesen neben mir – anders farbig als ich, mit überragenden Ohren oder in fantasiatischer Kampfkleidung – nicht als Überreaktion meiner Fantasie, sondern ziemlich real. Cosplayer und all ihre Fantasiegestalten sind Teil der Buchmesse mit einer großen Manga Comic Convention. Begeistert und überfordert entdecke ich, wie die vielen Wesen hier ihre alltägliche Erscheinung (und ihr Geschlecht) ersetzt haben durch aufwändige Kostümierung und Selbstinszenierung – und wie sie sich mit Achtung und Anerkennung begegnen. Viele Vorbilder sind in Mangas und Comics, als Plastikskulpturen und Plüschfiguren oder als Drucke auf Shirts und anderen Textilien anwesend, doch sie kommen nicht an gegen die Präsenz der vielen realen Interpretationen um mich herum.

Modemachende aufgemerkt: Freude und Lust an auffälliger Selbstinszenierung! Da muss doch etwas draus zu machen sein!

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