Keine Angst vor Digital
- AVS
- 7. Nov. 2017
- 4 Min. Lesezeit

Die Automobilindustrie setzt für die Zukunft auf selbstfahrende Autos, Amazon hat kürzlich erst die Drohne für einen effizienteren Warenversand entwickelt und jetzt „Amazon Key“ vorgestellt – ein „intelligentes“ Schlüssel-System, welches Lieferdiensten durch schlüssellosen Zugang ermöglicht, uns die bestellte Ware direkt bis in die Wohnung – bis in den Kühlschrank – zu bringen. Über digital gesteuerte Haushaltstechnik reden wir schon gar nicht mehr. „Alexa“ macht selbst bei meinen Nachbarn jetzt „das Licht aus“. Nicht nur, um Strom zu sparen. Und die sind keine hippen Hightech-Freaks, sondern bodenständige Mid-Ager.
Wir sind im digitalen Zeitalter angekommen. Laut einer Studie zur künstlichen Intelligenz (Digital Insight Report 2017) sind mehr als zwei Drittel der Deutschen digitalen Technologien gegenüber aufgeschlossen, sofern diese vorrangig einen persönlichen wie kommunikativen Nutzen erfüllen. Komfort, Bequemlichkeit und auch ein individuelles Zeit- und Haushaltsmanagement spielen dabei eine Rolle.
Der Paradigmenwechsel ist in vollem Gange
Online Shopping – oder zumindest die Informationsbeschaffung im Internet – ist beim Konsumenten heute schon selbstverständlich geworden. Schuhe und Bekleidung, Möbel und Einrichtung, Kosmetikprodukte oder Nahrungsmittel – fast nichts, was nicht online bestellt werden kann. 365 Tage im Jahr – rund um die Uhr. Mit 24-Stunden-Service und Lieferung, Rücksendung kostenlos. Das erwarten wir so.
Bereits jetzt wird laut der Gesellschaft für Konsumforschung jedes fünfte Kleidungsstück online gekauft, und die Studie „Fashion-Fachhandel 2025“ des Instituts für Handelsforschung in Köln prognostiziert, dass es bis 2025 sogar jedes dritte sein wird. Und: 54 Prozent des Traffics und 42 Prozent der Käufe kommen (laut aktuellem E-Commerce-Branchenindex von intelliAd für das zweite Quartal 2017) bei Fashion-Webshops mittlerweile über mobile Endgeräte. Das bedeutet eine Steigerung von 56 Prozent in einem Jahr.
Der Onlinehandel boomt. Amazon, Zalando und die großen Versandhäuser wie beispielhaft die Otto-Gruppe machen das Geschäft im Netz. Und: Die datenbasierten Erkenntnisse werden genutzt, um die Produktentwicklung bis hin zur Kauf-Entscheidungsfindung zu optimieren. Algorithmen helfen dabei, unsere Wünsche und Bedürfnisse zu erkennen, um uns immer das Passende zur richtigen Zeit zu präsentieren oder in dessen Kontext Begehrlichkeiten erst entstehen zu lassen.
„Digitalisierung ist mehr als nur Online-Shop“, sagt auch Erich Harsch, Chef der Drogeriemarktkette dm-Markt, im Interview mit der FAZ. Das Unternehmen steckte im vergangenen Jahr allein in Deutschland Millionen in die Digitalisierung und will bis Ende des Jahres alle Mitarbeiter mit Smartphones ausstatten, um den Service für die Kunden weiter zu verbessern.
Auch der stationäre Mode-Handel investiert in technologische Innovation – Smart Mirrors, elektronische Verkaufsassistenten, die einem die richtige Größe oder Farbe in die Umkleide bringen oder virtuelles Fitting, bei dem Kunden per Touchscreen ihr Spiegelbild das Kleidungsstück anprobieren lassen.
Hugo Boss setzt nicht nur in der Kollektionsentwicklung zunehmend auf digitale Technologien, sondern jetzt auch auf den digitalen Showroom – eine Innovation, die das Unternehmen Tommy Hilfiger vor ein paar Saisons schon im Rahmen der Düsseldorfer Orderwoche spektakulär präsentierte.
Die intelligente Vernetzung und Automatisierung von Menschen, Maschinen und industriellen Prozessen ist ein Thema, das heute nahezu alle Bereiche und Branchen betrifft. Auch wenn man in vielen Unternehmen – insbesondere der Mode-Industrie – den innovativen Technologien teils immer noch mit Skepsis oder Unsicherheit begegnet. Zwar holt man sich die Inspirationen und Trendinformationen ganz selbstverständlich über die digitalen Kanäle – von den internationalen Trendbüros ebenso wie bei Instagram und Co. Auch koordinieren bereits digital gesteuerte Maschinen und Roboter selbstständig sämtliche Fertigungsprozesse. Doch in der Anwendung des Datentransfers im globalen Workflow gibt’s noch viel zu tun.
„Deutschland muss bei der Digitalisierung auf’s Tempo drücken.“
Das habe weniger mit konkreter Technik zu tun als mit einer Haltung, einem grundsätzlichem Umdenken, behauptet die Bertelsmann Stiftung. Bei ihren Recherchen zum diesjährigen Reinhard Mohn Preis zum Thema „Smart Country – Intelligent. Vernetzt. Digital“ habe man festgestellt, dass Deutschland im Vergleich zu anderen Staaten ein digitales Entwicklungsland ist. Im digitalen Zeitalter müsse man gewohnte Verhaltensmuster ablegen, alte Erfolgsrezepte infrage stellen, selbst wenn sie heute noch funktionieren.
Der wirtschaftliche Erfolg von zukunftsfähigen Unternehmen wird in Zukunft stärker denn je auf ihrem Digitalisierungsgrad und ihrer Fähigkeit, durch intelligente Vernetzung Innovations- und Effizienzvorsprünge zu schaffen, beruhen. (Digital Insight Report 2017)
Doch die Digitalisierung in Deutschland ist längst nicht so weit fortgeschritten wie erhofft. Die Bundesregierung hat die Dringlichkeit der Digital-Entwicklung nun endlich auf der politischen Agenda. Dazu gehört allem voran der Ausbau des Breitbandnetzes insbesondere in ländlichen Gegenden, um die Voraussetzungen für wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten.
Ein intelligentes Datenmanagement – Prozesse, Arbeitsweisen, Arbeitsmittel und die Kommunikation mit Kunden – ist wettbewerbsentscheidend. Damit können nicht nur Zeit und Kosten, sondern auch Energie gespart werden, was dem immer bedeutender werdenden Nachhaltigkeitsthema gerecht wird.
Re'aD ist das neue Forum für die angewandte Digitalisierung
Um erfolgreich von der analogen in eine digitale Produktentwicklung in der Modebranche zu leiten, baut das Deutsche Mode-Institut mit seiner Tochterfirma ColorDigital auf die kommunikative Vernetzung zwischen Dienstleistern, Herstellern und Lieferanten. Um die Produzenten bei der Herausforderung, dem beschleunigten Konsum mit einer digital optimal vernetzten Supply-Chain zu entsprechen, bereits von der Produkt-Entwicklung an zu unterstützen.
Mit Re’aD, dem Summit für digitale Transformation, fokussiert das DMI auf die wachsende Notwendigkeit und die Chancen der digitalen Möglichkeiten. Darum bringt das Institut führende Institutionen und Unternehmen aus Wirtschaft und Politik zusammen und initiiert den Austausch von Erfahrungswerten. Bei Re’aD geht es um angewandte Digitalisierung, den Dialog aus der Branche für die Branche. Experten und Anwender präsentieren in Fachvorträgen Erfahrungswissen der First-User Generation digitaler Anwendungen, von der Logistik- über Farbkommunikation bis hin zur Optimierung von Produktionsprozessen.
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