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'WIR MÜSSEN DIE MENSCHEN MITNEHMEN!'

  • AVS
  • 2. Mai 2019
  • 6 Min. Lesezeit

FASHION DAY | S/S 20

„Aufbruch Neuland“ lautete der Titel des FASHION DAYs, der saisonalen Trendinformations-Veranstaltung des Deutschen Mode-Instituts, am 24. Januar in der Rheinterrasse Düsseldorf. Umdenken, neu denken, Blickwinkel verändern, nicht in alten Strukturen verharren – aus vielfältiger Perspektive bot der branchenübergreifende Kongress eine umfassende Orientierung für die Produktentwicklung in den Mode- und Lifestylebereichen sowie Erkenntnisse von Trendexperten und Branchenpartnern zu Zeitgeist und Marktgeschehen. Ein kompaktes und hoch informatives Programm, das die zentralen Herausforderungen und Lösungsansätze aufzeigte sowie Orientierung und reichlich Inspiration für die Designentwicklung für den Sommer 20 bot.

Digitalisierung und Individualisierung haben unseren Lifestyle verändert, aber auch Megatrends wie zum Beispiel Nachhaltigkeit oder ein zunehmend technikbasierter Lifestyle beeinflussen unsere Werte, die Art wie wir konsumieren und unsere Alltagsgarderobe. Und stellen die Branche vor große Herausforderungen. „Wir erleben den größten Umbruch, den wir seit Anbeginn der Aufzeichnungen kennen“ stellt Gabriele Kindl, Topmanagerin von Österreichs größtem Frauen- und Lifestyle-Magazin WOMAN und KEYNOTE-Gastrednerin beim Fashion Day, fest.

Doch wie tickt die Konsumentin? Die neueste Studie der VGN Medien Holding, zu der das Magazin gehört, offenbart interessante Erkenntnisse über Frauen und ihre Wahrnehmung von Mode bezüglich Identifikation, Inspiration und Konsumverhalten: Demnach ist das Schaufenster für 47 Prozent die relevante Informationsquelle, für 50 Prozent der Frauen ist Nachhaltigkeit von Bedeutung. Kindl ist überzeugt, dass nicht Algorithmen die Zukunft bestimmen, sondern Emotionalität. „Um erfolgreich zu sein, brauchen Sie Vertrautheit“, lautet ihr Fazit. Und: „Die Menschen wollen nicht Produkte kaufen, sie wollen Teil von etwas sein!“

„Um Neuland zu betreten, braucht man neues Denken“

Die Erkenntnis, dass die Vorbilder aus der Vergangenheit, Beispiel Auto oder Architektur, nicht Inspiration für die Moderne sind, belegt DMI Color-Experte Niels Holger Wien eindrucksvoll mit den zeitgeistigen IMPULSEN, die für zukünftige Designentwicklung relevant sind. Um neu denken zu wollen, müsse man alles in Frage stellen. „Neue Technologien machen neue Formen möglich“ und auch das Thema Nachhaltigkeit ist ein Megatrend. „Wie können wir recyceln?“ Materialien sehen anders aus als wir es gewohnt sind und wir werden eine Veränderung in der Farbigkeit erleben. In Wiens spannenden Recherchen geht es auch um Empathie, Einfühlungsvermögen und Fühlbarkeit. „Die Technologie muss human sein“ und „Wenn Sie Kleidung verkaufen, müssen Sie das Gefühl mitverkaufen!“

„Mode, die für mich gemacht ist!“

„Der Handel hatte sehr zu kämpfen, immer das Gefühl nie die richtige Ware zu haben“ sagt Christel Wickerath. „Hätten wir die Farben nicht gehabt, wäre es schwierig geworden.“ Die Fachjournalistin der TextilWirtschaft hat die Situation des Handels im Blick und weiß aus persönlichen Gesprächen, dass nicht nur die Kraft der Farbe, sondern auch Passform und Qualität eine Rolle spielen. Love Branding sei ein Riesenthema. Es gehe nicht darum, jedem Trend hinterherzurennen, rät sie, sondern Impulse aufzugreifen und sich selbst neu zu erfinden. Mit Mode, die dem Zeitgefühl entspricht, die gar nicht mehr so sehr an Saisons gebunden ist, Mode, die Bedürfnisse erfüllt. „Mode, die für mich gemacht ist!“

Das Allerwichtigste: Die Menschen mitnehmen!

„Wie viele Jahre wie 2018 können wir uns eigentlich noch leisten?“ fragte Klaus Harnack, Geschäftsführender Gesellschafter des Beratungsunternehmens Hachmeister + Partner mit 30 Jahren Erfahrung in der Strategieberatung im Lifestyle-Sektor. „Die Ergebnisse zwingen uns komplett umzudenken.“ Es reiche nicht mehr aus ein Geschäft kompetent zu führen. Sein aufrüttelndes Plädoyer für physikalische Räume als Teil der Retail DNA – in Verzahnung mit der digitalen Welt – machte die Herausforderungen für den Handel deutlich und zeigte Lösungsansätze auf: „Aus Buying wird Shopping“, das Produkt müsse gelebt, inszeniert werden. Da habe man eine gewisse Beliebigkeit entwickelt, wir müssten weg von dieser Austauschbarkeit. „Kundenbedürfnisse sind völlig neu zu definieren“. Es geht dabei auch um Produktauswahl, Warenverfügbarkeit, relevanten individuellen Content und Community. „Das ist auch ein Ausdruck von Liebe für den Kunden.“

Warum vermeintlich sichere Design-Rezepte plötzlich nicht mehr funktionieren und welche kreativen Kräfte an ihre Stelle treten, darum ging es in der ZEITGEIST-Analyse von Carl Tillessen. Unter der Überschrift UNMODERNE MODERNE ist Tillessen der Frage auf den Grund gegangen, womit Design heute den Nerv der Zeit trifft. Dabei zeigt er, wie das Historische und auch das Futuristische in der Kombination zeitgemäß und tragbar werden.

„Die Gegenwart ist immer nur der dimensionslose Punkt, an dem sich Vergangenheit und Zukunft berühren. Wem es gelingt, davon eine Momentaufnahme zu machen, der hat das Jetzt des 21. Jahrhunderts eingefangen.“

„Wir müssen verstören, damit Ästhetisches wieder sichtbar wird“

„Es geht nie um den reinen Bedarf. Hier treffen sich die spezifischen Herausforderungen, sowohl für das was wir mit ODEEH, als auch für die Pozellanmanufaktur MEISSEN entwickeln und provozieren.“ Seit 2008 stehen Otto Drögsler und Jörg Ehrlich mit ihrer Kollektion ODEEH für rar gewordene Atelier-Tradition. ODEEH bedeutet das permanente Streben nach Perfektion. Die kreative Auseinandersetzung der beiden unterschiedlichen Temperamente bringt diese spezielle Spannung und Vielschichtigkeit in die Kollektion. Sei es bei den Silhouetten, sei es bei der Auswahl der Stoffe. Beim DMI Fashion Day gab Jörg Ehrlich im Rahmen eines FASHION TALKs mit Christel Wickerath Einblicke in das Design-Rezept der Marke mit starker Identität und unverwechselbarer Handschrift. Leidenschaft für gutes Design und Liebe für das Spiel mit rigorosen Silhouetten stehen dabei im Vordergrund, mit einer Spannung zwischen Traditionellem und Experimentellem. „Überraschen, überzeugen“ – es brauche Platz für den emotionalen Ansatz, um die Kunden zu erreichen. Das bestätige sich auch in der übergreifenden Design-Entwicklung zwischen dem Fashion-Design von Odeeh und dem Retail-Design für Meissen. „Wir kommen mit dem nach rechts und links schielen nicht weiter.“

FUTURE NOW, EMPATHIC NATURE, SUPER SONIC und SUNTASTIC RHYTHM

Die KEY DIRECTIONS für die WOMENS- und MENSWEAR präsentierte Thomas Hill, Fashion Experte für das DMI: FUTURE NOW, EMPATHIC NATURE, SUPER SONIC und SUNTASTIC RHYTHM heißen die vier vom Trendboard des Deutschen Mode-Instituts definierten Themen für den Sommer 2020. Themen, die reichlich Potenzial für individuelle Interpretation haben. Für taktiles Contemporary Dressing – sensible perfection, new tailoring, feminin&function, technical performance und accenting brights oder beautiful raw, flowers poetry, arty animals und liquid fluidity lauten nur einige der Stichworte, die die Themenwelten prägen. Dabei geht es um ein neues Weiß ebenso wie um Tribal Graphic mit tiefen Farben.

FUTURE NOW – Modernität, die über den Kontrast von Farbe und Form transportiert wird. Auch bei den COLOURS, die Niels Holger Wien für den Sommer 2020 vorstellte, geht es um eine neue Sichtweise. Es geht um Helligkeit und Kühlheit, verblasste Töne und sonnige Intensität, die Übersetzung von Natur, die sich über Technisches erzählen lässt, um digitale Sensualität, das Sehen und Fühlen von Farben, Überlagern, Schattieren und Akzentuieren. Die relevanten Kolorits zu den vier Key Directions S/S 20 werden aus den über 100 Farben der aktuellen DMI-Farbkarten neu kombiniert und gesampelt. Die Farbkarten sind über das DMI erhältlich, analog und digital!

Die Farb-Trends der Première Vision

Im direkten Kontakt mit der Industrie steht die PREMIERE VISION, die international führende Stoffmesse. Auf Innovation und Initiative der Industrie entstehen auch die Farbkarten der PV als Stimulation für die Saison. Die Saison Sommer 2020 ist „eine Saison, die Standpunkt bezieht“, die sich einsetzt: Für Nachhaltigkeit und damit verbundene Technologie, für das Anderssein und provokative Identitäten, die sich befreit von alten Standards , vom Gewicht des Alten. Mit Farben, die die Materialität hervorheben, die das Material haptisch und lebendig machen. Elsa May, Fashion Managerin aus dem Pariser Première Vision Fashion Team, präsentierte beim DMI Fashion Day die neue „weiße“ Farbkarte der PV und gab anschließend Einblicke in die Farb-Themen der Womenswear.

„Das Materialergebnis ist zielentscheidend“

In den letzten Saisons sei deutlich geworden, dass Firmen die Kosten auf dem Rücken der Materialentwicklung ausgetragen haben. Doch mit der Qualität lasse sich auch Kundenvertrauen initialisieren, behauptet Winfried Rollmann, Material Experte und Mitglied des DMI Trendboard. „Es geht heute um das taktile Contemporary Dressing.“ Wichtig seien Leichtigkeit und Komfort, aber auch Nachhaltigkeit. Rollmann empfiehlt auf das Feintuning zu achten, auch Eigenentwicklungen oder Künstlerkooperationen, „das wirklich Neue zu erfinden, weil das auch unverwechselbar macht.“

Inspirationen für den Modesommer 2020

Wie sich Design-Impulse, Farben und Materialien in der Modeentwicklung darstellen, zeigte Thomas Hill im Dialog mit Christel Wickerath auf. Die KEY PRODUCTS Woman/Men inklusive ACCESSOIRES basieren auf den vier Trendthemen und bieten jede Menge Inspiration für kreative und individuelle Produktentwicklung.

Es geht letztendlich um kreatives Design, ein gutes Produkt, Kommunikation mit dem Konsumenten, Erlebnisse zu schaffen, Fühlbarkeit, nicht austauschbar zu sein. Emotionalität ist ein wichtiger Schlüsselbegriff für die Zukunft. Das fordert Produkte, die emotional ansprechen.

DMI FASHION DAY – INFORMATION, INSPIRATION UND AUSTAUSCH

Alle Trend-Informationen sind in den gedruckten DMI TRENDBOOKS WOMAN/MAN S/S 20 über das DMI erhältlich und stehen digital in den DMI CHANNELS zur direkten Nutzung zur Verfügung.

Wie wichtig kompetente Information und Orientierung gerade heute in den Zeiten des rasanten Wandels sind, bestätigte die hohe Teilnehmerzahl und das überaus positive Feedback zu diesem FASHION DAY. Die Veranstaltung ist ein einzigartiges Forum für einen saisonübergreifenden umfassenden Überblick über den State of the Art der Branche, bietet Orientierung und Inspiration für zukünftige Produktentwicklung und ist zentrale Networking Plattform für persönlichen Austausch.

Fotos: Boris Huschka, ©DMI

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