'TRENDS, TALKS & EVENTS'
- Alexandra von Schledorn
- 10. Juli 2019
- 4 Min. Lesezeit

FASHION WEEK BERLIN vom 02.-05. Juli 2019 – REVIEW
Während vom 02.-05. Juli in Berlin im Rahmen der Fashion Week die Modetrends für den Sommer 2020 präsentiert wurden, steckt die Branche selbst in stürmischen Zeiten. Und jetzt wird auch noch spekuliert, die FASHION WEEK BERLIN in ihrer jetzigen Form sei am Ende. „Berlins Modebranche weiß nicht was sie will“ titelte der Tagesspiegel und „wie soll das nur weitergehen?“ fragten sich hier und da auch die Aussteller und Besucher auf den Messen.
Mit einem ausgedünnten Schauenkalender der MBFW scheint es fast so, als kämpfe die einstige Berliner Vorzeige-Veranstaltung ums Überleben. Um die in der Stadt ansonsten fehlende Mode-Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, wurde auf dem Vorplatz des E-Werks eine Installation mit 55 Entwürfen verschiedener Berliner Designer auch für die Öffentlichkeit präsentiert.

Marcell von Berlin, Sportalm | © MBFW Berlin
Die Modemesse PANORAMA war auf 6 Hallen heruntergeschrumpft, was auch hier die Frage aufkommen lässt, wie lange sich das Format so noch halten wird. Die kommerziellen DOB- und insbesondere Menswear Brands in Halle 1 und 2 waren zwar gut besucht und an den ersten beiden Tagen die Stimmung entsprechend, und durch das wachsende Interesse an Green Fashion verzeichnete auch die integrierte Order- und Kommunikations-Plattform XOOM einen guten Zulauf. An Engagements seitens der Messe hatte es nicht gefehlt. Positiver lief es da bei der PREMIUM, höchst zufrieden waren die Aussteller mit der Sequenz, am Konzept und der Standplatzierung müsse aber noch gearbeitet werden. Schon seit langem wird über eine Zusammenlegung der verschiedenen Messeplattformen diskutiert, um trotz stetiger Abnahme internationalen Interesses – und auch der Aussteller und Einkäufer – die weiterhin nötige frühe und inspirative Plattform zu bieten. Die unsichere Zukunft des Modestandorts Berlin erfordert ein neues zeitgemäßes Format, von dem noch keiner genau weiß, wie es aussehen sollte.
Vieles steht derzeit auf dem Prüfstand, denn die Digitalisierung und Individualisierung in der Mode haben zu einem veränderten Einkaufs- und Konsumverhalten geführt. Und auch die Saison-Zyklen unterliegen keinem festen Timing mehr. Mit Mode, die sofort zu haben ist, richtet sich darum der Online-Store ABOUT YOU mit einer eigenen Lifestyle-Veranstaltung zum Abschluss der Messewoche ganz bewusst an die Endkonsumenten. Ein dreitägiges Spektakel mit Ticketpreisen ab 15 Euro – mit insgesamt sieben Fashion Shows von High-Street-Fashion-Brands u.a. Adidas, Lena Gercke und Bill Kaulitz sowie dem entsprechenden Influencer- und Promiauflauf. Mit insgesamt rund 7000 Besuchern feierte die AYFW ein erfolgreiches Debüt.

LeGer ABOUT YOU | Foto PR
Die Menschen mit erlebbaren Events für ihre Marke zu emotionalisieren ist heute wichtiger denn je. Dem eigentlichen Messezweck, einer ersten Kollektionssichtung und Ausrichtung der Saisonorder, scheint im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung ein bisschen die Luft ausgegangen zu sein. Zumal bei den meisten Einkäufern die Orderbudgets knapper und kleinteiliger verteilt sind. Live-Übertragungen der Schauen im Netz und virtuelle Showrooms zeigen zudem ihre Wirkung. Deshalb scheint es umso wichtiger, sich zusammenzutun und persönlich auszutauschen. Steht doch Berlin ohnehin mehr für Szene, Events und Erlebnis als für’s Ordern. Und bietet doch die Stadt selbst den attraktiven Rahmen und die Mode den Anlass, die Branche zusammenzubringen. Breakfast bei René Lezard oder Marc o’Polo, Austausch mit dem Publikum statt großer Modenschau bei Dawid Tomaszewski im Garten des ehemaligen Grand Hotels am Kudamm. Das Interesse der Medien war auch Hugo Boss mit seiner jüngeren Linie Hugo nach einem Jahr Abwesenheit in Berlin sicher. Wenn auch nur Video-Einspieler der Capsule Collection mit Liam Payne gezeigt wurden statt großer Show, dafür aber eine Live-Einlage des britischen Popstars und Ex-Sängers der Boyband One Direction.

Van Laack by Joop
DESIGN STATEMENTS
Die junge Zielgruppe erreichen, das will auch van Laack, das Mönchengladbacher Unternehmen für hochwertige Hemden – und holte sich Deutschlands wohl bekanntesten Designer Wolfgang Joop für eine Kooperation ins Boot. Und der bewies mit kreativem Können, wie frisch und modern die traditionellen Stoffe unter seiner Handschrift aussehen: moderne Styles für Sie und Ihn mit einem Hauch von Wunderkind. Alle kreativen Freiheiten habe man ihm gelassen, das enge Zeitfenster habe sich sogar positiv ausgewirkt. Von Besuchern und Medien bejubelt genoss Joop den Rummel als gefeierter Kreativdirektor und Designer seiner eigenen Kollektion.
Von anderen wird die modische Bühne demonstrativ aktivistisch genutzt: „Vote for Alice“ lautete das Motto bei Anja Gockel, die ihre Präsentation im Luxushotel Adlon frei nach „Alice im Wunderland“ mit einer Hymne auf starke selbstbewusste Frauen inszenierte. Rebekka Ruetz entwarf getreu ihrem Motto Mode für die moderne Amazone. Wie auch Marine Hoermanseder. Und selbst Lena Hoschek mischte ihre farbenfrohen Blumenkleider mit romantischen wie auch provokanteren Looks auf. Und: Berlin wäre nicht Berlin, wenn sich die Fashion Week nicht immer wieder erneuern und den einen oder anderen kreativen Exzess hervorbringen würde.

NEONYT | FOTO: PR, ECOALF
SUSTAINABILITY ALS ALLEINSTELLUNGSMERKMAL
Während Berlin dennoch die Attraktion als internationale Mode-Metropole nicht aufbringen kann, hat sich die NEONYT als globales Netzwerk und vielbeachtete Trade Show für nachhaltiges Design und Innovation rasant entwickelt: Die aus der Green Fashion hervorgegangene Plattform der Messe Frankfurt bewies in ihrem bisher stärksten Jahr mit 170 ausstellenden Labels aus 20 Ländern ihren Status als weltweit bedeutendster Hotspot für progressive, nachhaltige Mode und technologische Innovationen, unterstützt von Vertretern aus Handel, Industrie und Rückenwind aus der Politik, um den Wandel in der Mode weiter voranzutreiben.
Das Thema Nachhaltigkeit ist im breiten Markt angekommen. Das Interesse an Sustainable Fashion – des konventionellen Handels und mittlerweile auch von Einkäufern großer Modehäuser – ist so groß wie nie. Und die Fair Fashion-Brands zeigen sich modischer denn je.
Welche modischen Trends insgesamt die Saison S/S 20 bestimmen, erfahren Sie im folgenden Trend-Report .
Das komplette REVIEW FASHION WEEK BERLIN sowie die detaillierten MODETRENDS S/S 20 auf über 70 Seiten finden Sie in unseren digitalen CHANNELS
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