DMI WEIHNACHTSBRIEF 2019
- Gerd Müller-Thomkins
- 20. Dez. 2019
- 3 Min. Lesezeit

'ALLES – IN – ORDNUNG'
Es war in der Zeit, als unsere Kinder noch klein waren, wir noch beengter wohnten und sich unsere beiden, gerade mal heranwachsenden Söhne noch ein Zimmer teilten, indem es sich anbot, aufgrund seiner Altbauhöhe, ein Etagenbett aufzubauen. Der Ältere nahm selbstbewusst sein Vorrecht als Erstgeborener wahr und bezog die obere Etage, der Kleine hatte wie häufig das Nachsehen, wenn sein „großer“ Bruder ihm nicht nur auf der Nase sondern nun auch noch auf dem Kopf herum tanzte. Welche Kämpfe und Zwistigkeiten sich hier abspielten mag sich jeder gut vorstellen. Lautstarkes Treiben, lustvolle Zerstörung und kreatives Chaos waren an der Tagesordnung, brachten die Nachbarn zur Verzweiflung und die Eltern in ungewollte Erziehungsnöte.
Unabhängig wer von uns da war und sich die Zeit nehmen konnte, war es zu einer wohldurchdachten und lieb gewonnenen Gewohnheit geworden, bei dem zu Bett bringen der Jungs, eine gute Nachtgeschichte zu erzählen oder im Originaltext zu verlesen. Kinder brauchen Märchen hieß es damals schon wie heute. Vielleicht deshalb hatten es die beiden früh gelernt mit ihren Eltern, auch zur Vermeidung offen ausgetragener Konflikte, in Rätseln, durch Geschichten oder in Parabeln sich zu formulieren.
Und so kam es, dass ich eines Abends im Halbdunkel des schon gedimmten Lichtes im Kinderzimmer auf Socken über Bauklötzchen und Playmobilmännchen stolperte. Meine schmerzenden Füße reibend, lamentierte ich leicht autoritär über meine Rolle als Pater Familias und Ordnungshüter auf dem kindlich geschaffenen Trümmerfeld meiner Nachgeborenen.
Mit einem Anflug von Mitleid, aber ohne bemerkbares Bedauern deutete mir der gerade mal Vierjährige mich wie gewohnt auf die Bettkante zu setzen und nun ihm zuzuhören, während er begann bedacht zu erzählen.
„Schau mal Papa, du kennst doch die Äpfel aus dem Supermarkt. Die liegen da im Obstregal grün und rot, sauber, glänzen, sind poliert und haben keine Macken. Und dann gibt es die Äpfel bei Oma und Opa auf der Wiese. Die liegen da alle herum, durcheinander und sind vom Baum gefallen. Die haben faule Flecken und sind schrumpelig. Die schmecken viel besser.“ „Ja“, sagte ich erwartungsvoll und ahnte schon etwas. „Und was willst du mir damit sagen?“ „Es muss nicht immer alles ordentlich sein. Manchmal muss alles durcheinander sein und es ist trotzdem gut.“ Ich war sprachlos beeindruckt und tief gerührt, ob dieser kindlich weisen Weltsicht, wollte dem Gedanken, dass Ordnung eine Geschmackssache sei, nicht weiter nachgehen und wünschte eine gute Nacht.
Auch in unserer Welt, liebe Freunde und Branchenpartner*innen, ist einiges durcheinander geraten. Die Architektur aus Bauklötzchen, Playmobil-Männern und -Frauen, oder gar Barbiepuppen ist in Teilen zerrüttet oder in sich zusammen gestürzt. Sie will wieder neu aufgestellt werden! Das kann ein lustvoller, kreativer vor allem konstruktiver Akt sein. Das kindliche Chaos gleicht zuweilen auch dem der Kreativen auf allen Ebenen unserer Branche. Nach dem Aufbau kommt der Umsturz! Nach der Ruhe kommt die Rebellion! Alles ist gut und kommt zur rechten Zeit. Unordnung aushalten, um daraus wieder Neues zu schaffen. Chaos kommt vor Konstruktion. Nun müssen selbst Entscheider kreativ sein und Kreativität auch wirklich werden lassen.
Wie soll noch Martin Luther einst gesagt haben: „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“
Da wo Omas einzelner Apfelbaum stand, stehen heute wieder neu gepflanzt viele Obstbäume auf einer Streublumenwiese zusammen – auch wegen der Bienen.
Ihnen allen Frohe Weihnachten und ein gutes Neues Jahr!
Ihr
Gerd Müller Thomkins
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